Hall of Fame

Teil 3

 

„Everything I do“ - Der Robin Hood der Vorstadt

 

Ab der Saison 17/18 ging es nach all den turbulenten Jahren etwas ruhiger zu im Sportverein. Die Bezirksliga wurde und ist bis heute wieder selbstverständliche Realität in Reihen geworden. Neben den euphorisierenden Aufstiegen und laut gefeierten Erfolgen, ist dies die größte Leistung unter der sportlichen Administration von Georg Böhmann.

 

„Everything I do – I do it for you“ Alles, was ich tue – mache ich für dich.

 

Ebenso wie in dem Song von Brain Adams hat Schorsch alles und vor allem sich selbst den Zielen und Bedingungen des Vereins untergeordnet.

 

Der passende Soundtrack dieser Zeit hat aber noch so manchen Song mehr zu bieten.

 

Wenn Rocky Sharpe & The Replays mit Rama Lama Ding Dong aus den Boxen im August Karolus Stadion dröhnt, dann steckt hinter der simplen Tatsache, dass ein Tor für den SV Reihen gefallen ist, eine große Akribie.

 

Unzählige Gespräche mit potenziellen Spielern, unzählige Gespräche mit aktuellen Spielern, unzählige Absagen, Wechselabsichten, gefühlte Wertschätzungsdefizite und am Ende – nicht wenige Enttäuschungen. Keil ging nach Bammental, Besrukow nach Dühren, Karolus, Hack und Heller nach Rohrbach, Hauck und Kührt nach Steinsfurt, Koprivnik nach Gemmingen usw. usf.

 

„Hinter jedem Spieler, der uns verlässt, steht auch eine kleine persönliche Niederlage“ hat mir Georg bei einem unserer Interviews erzählt. Wie groß muss aber die Genugtuung sein, dass sie alle wieder da sind. Nicht weil sie mit Geld geködert wurden, sondern weil sie erkannt haben, was zählt. Weil Vertrauen und Wohlfühlen eine Währung sind.

 

Wie ein gewisser Robin Hood musste Böhmann es mit seinen Methoden immer wieder von den Reichen holen und gegen die Macht des Geldes ankämpfen. Dass Georg, wie ich selbst auch, aus der Reihemer Vorstadt kommt, gibt der Geschichte eine anständige Portion Working Class und Demut quasi als Schaumkrone aufs Pils.

 

Bis auf das Jahr 18/19 war der SV nicht einen Tag im Abstiegskampf. Im Gegenteil – resümiert man die Plätze im oberen Mittelfeld der Tabelle, erscheinen einem die Ergebnisse unter den Rahmenbedingungen, wie Meisterschaften. Ein auf Kameradschaft und Miteinander aufbauendes System hat tiefe Spuren in Reihen hinterlassen und wird den nächsten Generationen bestenfalls ein Beispiel sein. Beispiel dafür, dass es nicht auf die Kohle ankommt. Am Ende jeder Fußballerlaufbahn steht in unseren Klassen wohl kaum der Satz „Hätte ich doch mehr Geld verdient.“

 

Was das Ende dieser bewegenden Zeit angeht, halt ich es in der Sprache unseres Sportes. Dankesreden und Verneigungen werden kommen – vollkommen zu recht – ich möchte aber sagen:

 

„Die drei Punkte nimmt uns keiner mehr“

 

Soll heißen, egal was die Zukunft für den Verein unseres Herzens bereithält, 14 Jahre Georg Böhmann als Trainer haben wir im Sack. Als Erfolge, die für immer geschrieben sind, als Erinnerungen die Menschen in sich tragen und als Beispiel für eine kommende Zeit.

 

Wenn das Spiel abgepfiffen ist, besteht die Gewissheit, dass der Ball spätestens eine Woche später wieder rollt.

 

So aber wird Georg am Samstag den 27.05, oder womöglich wird’s schon Sonntag sein, zum letzten Mal als Trainer, über den Parkplatz vor dem Clubhaus laufen und an der Elsenz entlang Richtung Vorstadt schlendern. Er wird sich dabei eine Marlboro Light anzünden und vielleicht ganz bei sich den Song von Brain Adams pfeifen.

Teil 2

Die fetten Jahre…

 

„Wir waren die klar bessere Mannschaft – meine Spieler waren heiß auf dieses Spiel“ diktierte Böhmann RNZ-Reporter Eric Schmidt in sein Notitzblöckchen. Zum ersten Mal seit dem 27.05.2001 durfte sich der stolze Traditionsverein wieder Bezirksligist nennen. Es war der zwischenzeitliche Höhepunkt dieser Ära, trotz Relegationsumweg ein Meisterstück.

 

Doch wieder gelang es nicht eine Euphorie Welle in die neue Liga zu transportieren. Zwar konnten im Sommer mit Lukas Hauck und Jan Kührt zwei Spieler von Format verpflichtet werden, dennoch folgte auf das Ausscheiden im Badischen Pokal eine peinliche 1-9 Klatsche gegen Helmstadt im Cup um die Kreiskrone und als sollte das nicht genug sein, gingen wiederrum die ersten 4 Ligaspiele sang- und klanglos verloren.

 

Ich kann mich an so manchen Montagmorgen in dieser Zeit erinnern an dem mein Handy aus blieb. Zu viel Schadenfreude und Nachfragen über WhatsApp ließen wieder einmal einige Sirenen rund um den Sportverein anspringen.

Kann diese Mannschaft Bezirksliga? Kann dieser Trainer Bezirksliga?

 

Die Antwort lag wie so oft auf dem Platz. Souverän wurde der Klassenerhalt nach anfänglichen Schwierigkeiten nach Hause gebracht.

 

Auch für diesen Erfolg mussten etliche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Gerne vergessen wird, dass es im Sommer ein erhebliches internes Theater um kurzfristig wechselnde Spieler gab und dass der spielende Co-Trainer Redlich im Winter nach kommunikativen Differenzen mit der Vorstandschaft sein Amt als Übungsleiter niederlegte.

 

Auch hier war wieder erhebliches Fingerspitzengefühl gefragt, um das zarte Pflänzchen und das gesamte Kollektiv nicht zu gefährden. Sicher gibt es Psychotherapeuten, die haben weniger problemorientierte Gespräche als Georg Böhmann in dieser Zeit. Etliche Male wurden Whiskey-Cola Gläser von A nach B bewegt – etliche Male wurde nervös an Zigaretten gezogen und etliche Male wurde aber auch knallhart trainiert in dieser Truppe.

 

Mannschaften um Georg Böhmann lebten von ihrer Körperlichkeit und von dem berühmten Meter mehr auf der Uhr.

 

Die folgende Saison 14/15 sollte die Krönung dieser Periode werden. Niemand hatte den SV Reihen für die vorderen Plätze auf der Rechnung. Dabei spürte man schon im Sommer ein gewisses Raunen – ganz leise hinten im Kopf – wir sind echt gut. Nicht zuletzt durch die Verpflichtungen eines Kirchardter Spielführers Klein und zweier ganz jungen hungrigen Spieler Namens Koprivnik und Karolus erwartete man sich eine zumindest nach unten sorgefreie Runde.

 

Sorgenfrei? Mit 8 Punkten Vorsprung wurde der SV Reihen damals Meister. Aufstieg in die Landesliga, der größte Vereinserfolg seit mehr als 40 Jahren.

Die höhere Spielklasse ein riskantes Abenteuer. Schon nach wenigen Wochen war klar, dass der Klassenerhalt eine Utopie bleibt und man sich in der Realität mit der Frage beschäftigen darf, wie man weitestgehend unbeschadet wieder nach Hause kommt. Und dennoch bleiben Momente für immer im Vereinsportfolie:

 

13.03. 2016 / SpVgg Ketsch 0:2 SV Reihen

 

04.05.2016 / SV Reihen 1:0 ASV Eppelheim

 

22.05.2016 / SV Reihen 3:1 VFB Gartenstadt

 

Die drei Siege in der Landesliga Rhein-Neckar auf einen Blick. Addiert mit nochmal drei Unentschieden bleiben 12 Punkte. Wirft man ein Auge auf die heutigen Tabellen dieser Klasse, ein mehr als respektables Ergebnis.

 

Die Mannschaft blieb zusammen und etablierte sich mit einem herausragenden 5. Platz wieder im Sinsheimer Oberhaus. Ein berauschender letzter Spieltag und ein aufgehender Stern von Karolus sorgten für diese denkwürdige Spielzeit. Es ist kein Zufall, dass etliche Spieler ihre Kariere eng an die Tätigkeit von Georg Böhmann geknüpft haben.

 

Nächste Woche Teil 3

 

14 Jahre

 

Es sind immer die großen Momente, welche im kollektiven Gedächtnis der Menschen bleiben. Meisterschaften, Pokale, Siege in letzter Sekunde. Das Relegationsspiel in Treschklingen, der Landesligaaufstieg. 1000-fach erzählt. Immer wieder schön.

 

Aber wenn ein Fußballtrainer 14 Jahre lang im selben Verein, die selbe Mannschaft betreut, dann sind es eher die kleinen Dinge die mich interessieren. So schön und wichtig Erfolge auch sind, schaut man auf lange Amtszeiten von Trainern, findet man nur selten durchgängige Erfolge. Christian Streich, im 12ten Jahr Trainer in Freiburg, ist 2015 mit seiner Mannschaft abgestiegen. Volker Finke, ebenfalls über ein Jahrzehnt im Breisgau musste gleich 5mal runter. Jupp Heynckes wurde in 8 Jahren mit Gladbach nie Meister. Zwischenzeitlich sogar 12ter. Es können demnach nicht nur große Erfolge sein, welche Trainer im Amt halten.

 

Es sind die Menschen selbst. Wenn am 25.05. gegen 17.20 Uhr der Vorhang fällt, war Georg Böhmann 14 Jahre lang Trainer beim Sportverein. 14 Jahre, die alles beinhalteten, was diesen Sport so schön, so tragisch, so magisch macht. Aufstieg, Abstieg, viele Male ging der Ball kurz vor dem Ende ins Tor – Manchmal ins gegnerische, manchmal ins eigene. Rote Karten, gelbe Karten, der Ball war nicht im Aus, der Ball war im Aus. 14 Jahre Siege, 14 Jahre Niederlagen. 5076 Tage im Leben von Georg Böhmann, in denen nicht ein einziger dabei war, an dem er nicht an diesen Verein dachte – seine Aufgabe – sein Lebenswerk. Kein Trainer war in Reihen auch nur annähernd so lange im Amt wie er. Durch keine Trainerhände gingen mehr Kicker. Sein aktuell jüngster Spieler war bei seinem Amtsantritt 4 Jahre alt.

 

Eine Geschichte geht zu Ende. Ich werde mich in diesem Artikel nicht mal annähernd darum bemühen objektiv zu sein. Eher freue ich mich darüber, dass ich dabei sein durfte. Das ist keine bedingungslose Huldigung an den Trainer, das ist auch kein geschönter Rückblick. Das sind 3 Teile einer ziemlich langen, ziemlich erfolgreichen, ziemlich ereignisreichen Zeitspanne.

 

Ungeschönt und ungeschminkt. Dafür aber vielleicht authentischer und weniger langweilig. Ein Zeitzeugenbericht von einem der nicht ohne Stolz behaupten darf:

 

Ich war dabei als in Reihen Geschichte geschrieben wurde.

Teil 1

 

Der Freischwimmer

 

Was würden sie dazu sagen? Ein junger Trainer übernimmt eine Aufstiegsmannschaft. Euphorie liegt in der Luft – 6 Jahre tiefe B-Klasse endlich passé. Jetzt kann uns keiner mehr aufhalten. Die A-Klasse ist nur eine Zwischenstation.

 

Ok, das Pokalspiel gegen Obergimpern II ging zwar unglücklich mit 8-1 verloren, aber in der Liga wird man schon seinen Weg machen. Wird man?

 

Die kompletten 5 ersten Saisonspiele verkackten die Herren inklusive ihrem Trainer Georg Böhmann, ehe man der nicht ganz so spitzigen Spitzenmannschaft um Sulzfeld II ein Unentschieden abringen konnte. Pokalaus und Tabellenletzter nach 6 Spieltagen. Es war fast zu Ende bevor es richtig anfing. Ich war Teil dieser Mannschaft. Klar, gab es Stimmen ob Schorsch, zweifellos ein toller Fußballer, auch der richtige Trainer sei. Als Spieler hat man in seinem Coach oftmals nicht nur einen Unterstützer und Förderer, sondern in schwierigen Zeiten auch einen perfekten Sündenbock. Vom ersten Tag an griff jedoch die größte Ressource die Georg als Verantwortlicher Übungsleiter hat. Die Unaufgeregtheit in schwierigen Situationen. Selbst wenn er sich selbst hinterfragt hat, ob er denn der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sei – ich bin sicher er hat sich diese Frage in 14 Jahren etliche Male gestellt – die wenigsten oder niemand wurden in diesen Gedankenprozess eingeweiht. Dadurch hat er selbst damals schon einer komplett verunsicherten Mannschaft ein Gefühl von Ruhe und Sicherheit gegeben. Er hat in panischen, hektischen Phasen niemals auch nur annähernd Panik und Hektik verbreitet.

 

Zusätzlich musste er sich während dieser Zeit aus den Fußstapfen eines Aufstiegstrainers Uwe Hengster rausarbeiten. Er hat das instinktiv gleich am Anfang gemacht. Hengster hat dieses Baby über 6 Jahre mit einer unfassbaren Energieleistung hochgezogen. Zwar hat er den Weg für Schorsch selbst frei gemacht und trat auf seinem Gipfel des Erfolgs zurück – aber ganz so schnell konnte er auch nicht davon lassen. Beim Pokalspiel in Obergimpern stand es zur Halbzeit schon 0-5. Ein schweigender Böhmann durfte in der Kabine ebenso wie alle anderen einem schreienden Hengster lauschen. Vor dem Fenster saßen die Zuschauer und fragten sich, wer denn jetzt tatsächlich Trainer sei. Hengster oder Böhmann? Georg kann sich gut auf die Zunge beißen, wenn ihn etwas ankotzt, aber als er aus der Kabine kam, sah man in seinem Gesicht eben die selbige Frage. Wer ist hier der Boss? Ich kann bis heute nicht sagen, ob diese Frage intern ausdiskutiert wurde, oder ob der Gesichtsausdruck von Böhmann ausreichte. Ab diesem Zeitpunkt zog sich der eine zurück und der andere übernahm das Steuer. Schon damals war er ein Meister darin, Ziele eher mit dem Seziermesser als mit dem Holzhammer zu erreichen. Ein Freischwimmer, der nicht die ganz große Welle surfte, aber immer auf dem Brett stehen blieb.

 

Die Mannschaft stabilisierte sich während der Saison. Es gab sogar einige emotionale Highlights wie der Last Minute Sieg in Weiler oder ein 2-1 in Sinsheim, nachdem Stefan Wally in der Kabine Marc Heller an den Kleiderhaken hängte. Ein 11ter Platz war solide, gut wars nicht. Anschließend arbeitete man sich akribisch und numerisch nachvollziehbar in die oberen Sphären der Liga. 4ter – 3ter – 2ter. Das große Ziel war immer klar:

Die Rückkehr in die Bezirksliga welche damals schon lange Kreisliga genannt wurde.

 

Die Mannschaft war jung und sie war hungrig. Nicht selten trunken auf dem Weg zum Ziel. Heller, Keil, Besrukow. Damals die aufmüpfige junge „Generation Aneck“. Seyfert, Schier, Oliveira, Oberli die Platzhirsche. Dazwischen mit Reimann ein guter Kapitän und Timo Maag später mit Rene Redlich die Ausnahmespieler. Böhmann musste das in dieser Zeit zusammenkleben, um Erfolg haben zu können. Er hat das geschickt gemacht. Es wäre oft ein leichtes gewesen sich emotional zu positionieren – er hat es nie getan. Er hat immer wieder verbunden was partiell auseinanderfiel. Als Besrukow wütend den Trainingsplatz verließ, weil Seyfert und ich ihm mal wieder hüfthoch und von hinten in den Torso sprangen, da hat er keine Partei ergriffen oder den jungen Spieler fallen lassen. Er hat moderiert. Du brauchst sie als Trainer eben alle. Die Gestörten ebenso wie die Waschlappen. Die Torhüter und die Linksaußen ebenso wie den 5ten Mann auf der Bank.

Diese Episode endete am 07.06.2013 mit dem Anpfiff um 19.00 Uhr. Egal wie dieses Relegationsspiel ausgegangen wäre, es war das Ende einer 4-jährigen Zeit des Strukturierens und des Aufbauens. Des Moderierens und des Freischwimmens aus alten Denkmustern.

 

Als sich ein junger Trainer Kuffner in der Nachbarkabine die Lunge aus dem Rachen schrie, war Georg ruhig und sachlicher den je. „Das ist kein normales Spiel heute – es ist aber trotzdem nur ein Spiel“ In dem Moment dachte ich „Schorsch, hau doch jetzt mal alles raus verdammt“ er wusste warum er es nicht tat. Mit einem schreienden und keifenden Trainer hätten wir vor dieser ungewohnten Kulisse und diesem emotionalen Spiel nach 25 Minuten 2 Gelb/Rote Karten bekommen. Er wusste, wie diese Mannschaft tickt. Es brauchte niemanden der zündelt, sondern eher jemanden der einen Flächenbrand verhindert und den Flammenwerfer ins Ziel hält. Der Kniff sollte belohnt werden…

 

Nächste Woche Teil 2....

 

 

Einfach Wuchter….

 

Timo Maag ist einer der größten SV-Spieler aller Zeiten und ein Vorbild in diesem Sport. Fußballerisch aber nicht zuletzt menschlich – Willkommen in der Hall of Fame des Sportvereins. Einfach Wuchter, sein Portrait.

 

 

Wo genau der sportliche Stern von Timo Maag aufging lässt sich schwer beschreiben. Vermutlich sah schon seine Oma beim Ballspielen im Garten, dass der Junge etwas besser mit dem Leder umgehen konnte als andere. Das erste Tor war die Schaukel. „Es macht keinen Unterschied, ob man in der B-Klasse oder in der Oberliga ein Tor erzielt, das Gefühl ist immer gleich.“ erzählt Maag.  Vielleicht liegt genau in diesem Satz der Kern dieser außergewöhnlichen Sportkarriere. Die Liebe zum Spiel übersteigt den Willen zum Erfolg. Weil das eine so groß war, kam das andere aber zwangsläufig.

 

Der erste Trainer war Vater Bernd, selbst tief verwurzelt im Sportverein und wohl nicht unschuldig daran, dem Sohn die Schwarz-Weiße Liebe mit auf den Weg gegeben zu haben. Die fußballerische Ausbildung übernahmen später Willi Unser und Bernhard Kreth in der Spielgemeinschaft, welche einer Kreisauswahl gleichkam. Beheimatet in Reihen und später in Sinsheim waren Michael Zepek, Marko Unser oder René Redlich Mitstreiter in der A-Jugend Verbandsliga.

In den letzten beiden Jugendjahren war er ein Garant dafür, dass der SV Reihen in der damaligen Bezirksliga blieb. An vielen Sonntagen konnte der wankende Heimatverein nur durch Mithilfe seiner Youngstars über Wasser gehalten werden. Dieses Engagement erreichte im Kreispokalfinale 2000 seinen vorläufigen Höhepunkt, als er drei Tore zum völlig überraschenden Sieg gegen Hoffenheim II beisteuerte. „Matchwinner und Juwel“ titelte die RNZ damals – sie überzogen keineswegs.

 

 

Maag mit dem glückstrahlenden SV Vorstand Rolf Klein nach dem Pokalsieg 

Hart aber Herzlich

 

So könnte man den SV Sinsheim zur Jahrtausendwende unter dem Ruder von Gerd Doll beschreiben. Der Entschluss, seine ersten Schritte im Seniorenbereich in der Verbandsliga zu machen waren eine Bauchentscheidung und im Nachhinein wertvoll und passend. Im Alpha-Rüden Zwinger dieser damaligen rauen Sinsheimer Fußball Welt mangelte es nicht an Typen. Diese Mannschaft war vor allem eines, sie war authentisch. Mit Leistung, Engagement und den nötigen Nehmerqualitäten verdiente sich Maag schnell den Respekt von seinen Mitspielern und kickte sich auch ein Stück weit ins Herz des Trainers, der seinem Stürmer Vertrauen schenkte und auf ihn setzte. „Sinsheim war mit meine schönste Zeit und Gerd Doll wohl der Trainer, welchem ich am meisten zu verdanken habe.“ Ein Bekenntnis zum damaligen Abschnitt. Dass sein Spielführer ein gewisser Georg Böhmann war, ist ebenso eine schöne Randnotiz wie die Errungenschaft seines entstandenen Spitznamens „Wuchter“, welchen noch heute ziemlich jeder Fußballer im Kreis Sinsheim kennt. Das Patent dieser Geschichte besitzt Stefan Wally. „Das Erste, was ich gerne tun würde, ist deine krummen Beine auswuchten“ hat der Mitspieler unter der Dusche verlauten lassen. Voila, Timo Maag wurde in diesem Moment als „Wuchter“ wiedergeboren.

Eine Mannschaft voller Typen. Der SV Sinsheim kurz nach der Jahrtausendwende

Die Versprechen eines Bundestrainers

 

Der nächste Schritt ging 2002 zur TSG Hoffenheim. Roland Dickgießer und ein heutiger Bundestrainer legten sich mächtig ins Zeug, um das Talent zu verpflichten. Nominell für die Reserve in der Verbandsliga, mit klarer Perspektive für die erste Mannschaft. So schön die Zeit in Hoffenheim war und so viel er der TSG auch zu verdanken hat, diesen Deal erfüllten die Herren nicht. Lediglich eine Trainingseinheit als Lückenfüller wurde ihm gestattet. Nun war die TSG Hoffenheim II damals jedoch fast die interessantere Mannschaft rund um den aufstrebenden Verein. Durchweg Talente und Typen aus der Region spielten sich über die Relegation bis in die Oberliga. Man könnte mal den noch heutigen Trainer der Zweitliga Mannschaft aus Heidenheim -Frank Schmidt – fragen, ob ihm die Namen Maag und Duric noch geläufig sind. Jedenfalls köpfte Wuchter nach 5 Minuten zur Führung ein. Am Ende dieser Saison stand der Aufstieg in die damals 4 höchste Spielklasse. In dieser aufregenden Zeit war er Stammspieler auf der rechten Außenbahn. Ein Highlight sicherlich das Spiel gegen den Waldhof, dem man im heimischen Dietmar-Hopp-Stadion vor über 4000 Zuschauern immerhin ein Unentschieden abtrotze. Seine Leistungen waren auf hohes Niveau konstant und so wurde der traditionsreiche 1. FC Saarbrücken unter dem damaligen Trainer Eugen Hach auf ihn aufmerksam. Eine komplette Trainingswoche inklusive Freundschaftsspiel hätten beinahe mit der Verpflichtung geendet. Leihweise trug er beim Spiel gegen den FC Dudelange das Trikot des japanischen Verteidigers Suzuki. Die Schnelllebigkeit des Geschäfts verhinderten diesen Quantensprung. Hach wurde kurz darauf entlassen und Maag verletzte sich an der Wade – der Transfer platzte und es blieb der lange Weg zum Comeback – welcher 2006 mit einer schweren Bänderverletzung abrupt gestoppt wurde. Der Kaderplatz in Hoffenheim war passé und die Karriere fand in Zuzenhausen, ohne auch nur ein Spiel gemacht zu haben, sein vorläufiges Ende. Der Körper konnte nicht mehr mitspielen.

 

Back to the roots  

 

Uwe Hengster, damals Trainer eines B-Ligisten Namens SV Reihen bearbeitete Maag im Clubhaus bis dieser zusicherte bei höchster Personalnot den Platz auf der Bank einzunehmen. Genau 20 Minuten hatte er diese Sitzgelegenheit inne, bis er eingewechselt wurde und ab diesem Zeitpunkt wieder das Trikot seines Heimatvereins trug. Bei jedem der folgenden 3 Aufstiege bis hoch in die Landesliga war er Anker und Ausnahmespieler. Ohne jegliche Starallüren, sondern mit Willen und der ehrlichen Absicht seine Fähigkeiten einzubringen. Er hätte jede Position spielen können, am wertvollsten war er in der Innenverteidigung. Unvergessen die hitzigen Dialoge mit Mattias Schier, wenn es um sauber gespielte Kurzpässe ging oder knallende Türen nach Niederlagen.

 

Dem SV wird er immer verbunden bleiben. Ob als Aushilfskraft auf dem Feld oder in seiner Position als Schriftführer, welche er seit nunmehr 10 Jahren innehat. Kein Spieler hat im SV-Jersey mehr Erfolge gefeiert als Timo Maag. Jeder Verein braucht seine Helden, jede Generation braucht ihre Vorbilder – er ist zweifellos ein populärer Fußballer im Kraichgau und ein großes Stück SV Reihen Geschichte. Noch wichtiger aber, er ist immer Wuchter geblieben.

Unter den ganz Großen…

 

Es muss in der Saison 01/02 gewesen sein. Der Schlüssel, der das Karolus Stadion dicht machen könnte, steckt schon im Schloss. Nach dem Abstieg in der Bezirksliga ist der SV Reihen dabei, auch in der A-Klasse ordentlich an die Wand zu fahren. Nun mag es sein, dass genau diese Zeiten, genau diese Typen fördern.

 

24. Spieltag, Sascha Reimann spielt den Ball nach links, läuft durch und köpft die darauffolgende Flanke zum 2-1 Siegtreffer gegen Kirchardt II ins obere Tor.

 

Der –noch- Jugendspieler ist einer der wenigen Lichtblicke dieser Mannschaft, ja, wenn man so will des ganzen Vereins. Den Abstieg kann auch er nicht verhindern. Im Elfmeterschießen gegen Ehrstädt ist der Tiefpunkt erreicht und Reihen spielt zum ersten Mal in seiner Geschichte in der B-Klasse. Reimann blieb.

 

Der frisch gebackene A-Jugendpokalsieger hätte auch nach Weiler gehen können – immerhin eine Liga drüber. Welches Potential er genau in dieser Zeit in Reihen sah, ist sein Geheimnis, ich sah es nicht.

 

Eine ordentliche Truppe wurde im Folgejahr trotz katastrophaler Trainingsbeteiligung Dritter und verpasste den Wiederaufstieg nur aufgrund der schlechteren Tordifferenz.

 

Reimann wurde zum Spieler der Saison gewählt und blieb wieder in Reihen. Die ausgerufene Trendwende wurde in den Folgejahren von erheblichen Rückschlägen gebremst. Uwe Hengster übernahm das Traineramt, nachdem Günter Oberli entnervt hingeworfen hatte. Eine seiner ersten Amtshandlungen, Reimann übernahm das Kapitänsamt vom eigentlichen Platzhirsch Timo Hautzinger. Eine mutige Entscheidung – sie wird Hengster doppelt und dreifach zurückgezahlt. Überhaupt ist die Verbindung zwischen dem Trainer und seinem Kapitän die Basis, auf der sich alles weitere der kommenden Jahre aufbaut.

 

06/07 wird der Mann mit der Schwarz-Rot-Goldenen Binde Torschützenkönig der Liga. 2009 sein Meisterstück – der lang ersehnte Aufstieg aus der B-Klasse. Nie wieder war er sportlich so wichtig wie zu dieser Zeit.

Voran gehen und Verantwortung übernehmen. Den 1-0 Siegtreffer im Derby gegen Weiler schoss er 2010 selbst. Schon im Hinspiel, welches überdies in die SV Geschichte einging, erzielte er ein wahnsinniges Tor aus 20 Metern. Kontinuität prägte die Jahre in der A-Klasse und führte ihn über die Zeit auf sämtliche Positionen. Vom Sturm ins Mittelfeld – manchmal in die Abwehr – wo immer er gebraucht wurde. Ein Leader der auch für den damals neuen Trainer Böhmann durchs Feuer ging.

Die Mannschaft im Relegationsspiel gegen Neckarbischofsheim führt er auf den Platz und spielte auf der rechten Außenbahn den entscheidenden Pass zum 2-0 von Björn Hack.  Rückkehr in die Kreisliga, keine Frage, hätte Reimann in den Jahren vorher den Verein gewechselt, der SV Reihen hätte diesen Weg nicht nehmen können. Zu wichtig war er auf und neben dem Rasen.

 

In den nächsten Jahren spielten andere Protagonisten mehr die sportliche Hauptrolle. Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück und so hatte er im Meisterjahr 2015 auf dem Feld eher eine ergänzende Funktion. Als er jedoch das erste Tor des SV Reihens in der Landesliga schoss, rundete er eine Fußballkarriere ab, die verbunden mit nur einem Verein erfolgreicher kaum hätte sein können. Will man einen Makel finden ist es der Pokalsieg, welcher ihm und der ganzen erfolgreichen Generation nicht gelingen wollte.

 

Immer wieder hält er bis heute seine Knochen auf der Platte hin, meistens in der Reserve, welche es ohne ihn wohl auch schon lange nicht mehr geben würde.

 

Über zwei Dekaden hat Reimann als Spieler entscheidend mitgeprägt. Nimmt man alleine seine Verdienste im Trikot für den Sport Verein, steht er als Kind seiner Zeit auf einer Stufe mit Bruno Pasker, Johannes Engel und Dieter Redlich. Der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Verein. Die Geschichte seiner Funktionärslaufbahn wird ein eigenes Buch. Was den Spieler Sascha Reimann angeht – Willkommen in der Hall of Fame des SV Reihens.  

Sascha Klein - since 2014

15. Aug. 2021

Mitunter sind es die schillernden, die lauten Typen, die aus einer Mannschaft hervorstechen. Tore werden mit Namen verbunden, Scorerpunkte gezählt. Spielmacher, Goalgatter, Torhüter sind fast ausschließlich die Aufmerksamkeitsmagneten der Fans und der Zeitungen.


Umso wichtiger, ab und an den Spielern die verdiente Wertschätzung zu geben, welche die Straße für die oben genannten Helden des Spiels teeren. Drecksarbeiter, Raumzuläufer, Kilometerfresser. Dieser Spieler, der sich liebend gern für seinen Stürmer die Gelbe Karte holt, weil dieser zum fünften Mal den Ball verliert.
Seit Sommer 2014 spielt Sascha Klein für den SV Reihen. Der Wechsel damals war eine kleine Sensation. Der landesligaerfahrene Außenverteidiger hätte lukrativeren Angeboten nachgehen können. Schon damals hörte Klein wohl mehr auf das Gefühl, als auf den Verstand und verließ die SG Kirchardt in Richtung Reihen.


In seinem ersten Jahr war er einer der wichtigen Bausteine, die zur Meisterschaft führten. Vom ersten Moment an hatte er das „System Reihen“ angenommen und gelebt. Kameradschaft bis hin zur Freundschaft, alles füreinander, oftmals auch über den Rasen hinaus. Klein ist wie die meisten dieser Akteure kein spektakulärer Spieler. Er läuft, gegen Gegner und in den Raum, ist sich für keinen Zweikampf zu schade und hält seinen Vordermännern den Rücken frei, seit über 7 Jahren auf seiner Außenbahn. Eine Ewigkeit, jedoch keine Selbstverständlichkeit. Dass Klein dabei auch noch richtig gut kicken kann, steht außer Frage. Er spielt eben selten den entscheidenden Pass, sondern den dritt- oder viert Letzten.


„Sascha Klein schlenzte den Ball nach schönem Zuspiel aus 16 Metern Millimeter genau ins rechte Eck. Das Tor des Tages, welches sich der Neuzugang durch eine überragende Leistung verdient hat.“ Tickerte Fupa am 02.11.2014.


Sein einziges Tor für den SV. Er war jahrelang mit wichtigeren Dingen beschäftigt. Nämlich mit Kampf, mit Willen und Einsatz den Weg für andere zu ebnen. Dieser Typ Spieler entscheidet selten das Spiel. Er entscheidet ganze Saisonverläufe, indem er die wichtigen Meter mehr läuft.


Auch wenn die Zeiten nicht einfacher geworden sind, Verletzungen auskuriert werden mussten, wenn neben dem Fußball einfach viele Aufgaben warten und der Stammplatz immer härter erkämpft werden muss. Sascha Klein und der SV Reihen. Ohne diese entstandene Verbindung würde sowohl dem Sportverein als auch dem mittlerweile zweifachen Vater unfassbar vieles fehlen. Einer dieser Stillen Helden der tiefe Spuren in Reihen hinterlassen hat. Ein Spieler, den man am meisten vermissen wird, wenn er nicht mehr spielt. Weil dann die entscheidenden Meter und die Zweikämpfe unter Umständen fehlen.
Das ist jedoch alles andere als eine Laudatio. Es ist eher ein Ausblick. Mit 29 Jahren ist Klein nunmehr im besten Fussballalter und wird auch im Spieljahr 21/22 eine tragende Säule für seine Mannschaft sein. Auf und neben dem Platz.

 Der Spieler im Blickpunkt: Sascha Klein.

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