04.07.2025

Girls just wanne have fun

…und ein bisschen EM-Fußball

 

Und nicht nur. Auch jede Menge Buben tummeln sich auf den kleinen, aber feinen Tribünen des Stadions in St. Gallen. Es ist WEURO, wie die UEFA ihre Frauen-Europameisterschaft nennt.

Austragungsort ist die Schweiz – jenes Land, das sich immerhin seit 1971 sicher ist, dass der weibliche Teil der Bevölkerung auch an Wahlen teilnehmen darf.

 

Die Jagd nach der Silbernen Lady

 

16 Nationen schicken ihre fußballerisch besten Mädels ins Land der Eidgenossen, um jene elegant-dynamische Trophäe zu gewinnen, die der Verband in seiner Beschreibung fast schon wie ein Parfüm bewirbt:

 

„Ein echtes Design-Statement für moderne Siegerinnen.“

 

Was klingt wie der Duft für die reifere Dame bei Douglas, beschreibt den Pokal tatsächlich ganz gut.

Aber schnell wird bei einem meiner seltenen Besuche im Frauenfußball klar:

 

Es geht hier um mehr als um Sieg und Niederlage.

 

Es geht – und sei der Begriff noch so strapaziert – um Emanzipation.

Um Anerkennung, um Sichtbarkeit und darum, aus einer einst belächelten Randnotiz eine stolze Nationalmannschaft zu machen.

 

 

Von Verboten und Vorbildern

 

Man darf sich ruhig vergegenwärtigen, dass im hochmodernen Deutschland Frauenfußball bis 1970 schlicht verboten war.

Der DFB formulierte damals in bestechender Klarheit:

 

„Diese Kampfsportart ist der Natur der Frau fremd.“

 

Ein Verband, der eigentlich fördern sollte, dass auf dem Platz nur der Ball getreten wird, trat damit Werte wie gesellschaftliche Teilhabe, Zugang zum öffentlichen Raum und Selbstbestimmung über den eigenen Körper ziemlich unfair hinter die Bande.

 

Die Mädels haben seither einen weiten Weg zurückgelegt – und er ist weiß Gott noch nicht zu Ende.

Matchday: Deutschland vs. Polen

 

Eröffnungsspiel der DFB-Mädels in St. Gallen.

 

Gegner: Polen.

 

Ort: Der schnuckelige Kybunpark – ein Stadion mit rund 16.000 Plätzen und der dritthöchsten Zuschauerzahl im Schweizer Ligabetrieb hinter Basel und Bern.

Der FC St. Gallen trägt hier seine Heimspiele aus. Und das merkt man: Kunstwerke aus Vereinsreliquien, Legendenporträts und eine gewisse familiäre Aura durchziehen das Umfeld.

 

Die Arena selbst ist in ein Einkaufszentrum eingebaut, was skurril klingt, aber im Alltag gut funktioniert. Nach einer Niederlage kann man sich immerhin schnell mit einer Bluse von Marc O’Polo oder ein paar Köttbullar trösten.

Deborah gegen Goliatha

 

Die Rollenverteilung war klar: Deutschland Favorit, Polen Underdog.

 

Alles andere als ein Sieg wäre eine herbe Enttäuschung gewesen.

Doch am Ende behielt – sinnbildlich – Deborah gegen Goliatha die Oberhand:

Kein Feuerwerk, aber ein souveräner Auftritt mit Treffern von Brand und Schüller.

 

Großer Wermutstropfen: Die Verletzung von Kapitänin Giulia Gwinn. Für sie ist das Turnier vorbei, bevor es richtig begonnen hat.

Zuschauer, Stil, Stimmung

 

Das Publikum: ein bunter Mix. Familien, Mädelsgruppen, Fußballromantiker.

 

Was auffällt: Es geht entspannt zu.

 

Keine Feindseligkeit, kein Testosterongebrüll – einfach Fußball schauen, miteinander feiern, ein bisschen aufs Outfit achten.

 

Das hat Charme, nimmt aber auch ein wenig von der emotionalen Wucht, die man aus dem Männerfußball kennt.

Hier geht’s nicht um Leben und Tod.

Es geht um eine gute Zeit, um Begeisterung, Teilhabe – und um die Hoffnung, dass der Frauenfußball seinen eigenen Weg findet, ohne bloß eine Kopie des Männerzirkus zu werden.

 

 

Zukunft in Sicht

 

Das Spiel hat gezeigt, Frauenfußball ist gekommen, um zu bleiben.

Die Zeiten, in denen Mädchen keine Zukunft im Trikot ihres Lieblingsklubs hatten, sind vorbei.

Heute gibt es Teams von Bayern, Frankfurt, Barcelona, Real Madrid – und mit etwas Glück bald auch eines vom 1. FCK (Bei den Seniorinnen). 

Frauenfußball hat mehr denn je die Chance, sich zu positionieren und ein ordentliches Stück vom großen Ballspielkuchen abzubekommen.

Dafür braucht es Pionierinnen. Und kluge Entscheidungen.

Meine Aufmerksamkeit haben die Mädels allemal - sollten sich einmal 15 Spielerinnen finden, welche unter dem Wappen des SV Reihens spielen möchten, biete ich mich hiermit als Trainer an; Ehrenwort !

Druckversion | Sitemap
© SV 1920 Reihen e.V.