Der Sportverein im Pokalfinale – dieses Ereignis hat das Dorf im vergangenen Monat in einen regelrechten Ausnahmezustand versetzt. Einmal mehr wurde spürbar, was einen Verein wirklich ausmacht: Er ist ein Mitmachprojekt. Egal ob Fahnenmaler, Busorganisierer, Liederschreiber, Aufkleberdrucker oder Shirtgestalter – jeder wollte seinen Beitrag leisten. Und, noch wichtiger: Jeder durfte seinen Beitrag leisten.
Der große Fußballvater Professor August Karolus – der nicht nur maßgeblich zur Erfindung des Fernsehers beigetragen, sondern den SV in seinen frühesten Tagen tatkräftig unterstützt hat – wäre mit Sicherheit stolz auf das, was hier geleistet wurde. Vielleicht sogar so stolz, dass er sich am Mittwoch kurz blicken lässt…
Was die Rahmenbedingungen angeht, haben jedenfalls alle ihre Hausaufgaben gemacht.
Sportlich steht die letzte Prüfung noch aus:
Eine ganze Saison verdichtet sich auf ein einziges Spiel. Gewinnt der SV Reihen am Mittwoch in Waibstadt gegen den TSV Obergimpern, wäre er nach 25 langen Jahren endlich wieder Kreispokalsieger. Es ist nicht ganz das letzte Spiel der Saison – aber definitiv das wichtigste. Und am Ende kommt es genau auf diese 90, vielleicht 120 Minuten an. Möglicherweise entscheidet sogar das Elfmeterschießen, wer am Ende den Pokal in den Nachthimmel streckt. In Waibstadt muss es einen Sieger geben – egal wann, egal wie.
Der SV Reihen:
Spitzenreiter der Rückrundentabelle, mit einem überzeugenden Halbfinalsieg gegen den FC Zuzenhausen II im Gepäck – die Außenseiterrolle passt dem SV am Mittwoch definitiv nicht. Als klarer Favorit ins Spiel zu gehen, wäre aber ebenso fehl am Platz. Vielmehr ist es ein Duell auf Augenhöhe – und den Pokal wird sich jenes Team holen, das ihn mehr will.
Selbstvertrauen? Sicher vorhanden. Damit das aber nicht in Leichtsinn umschlägt, sind sowohl das Trainerteam als auch das gesamte Umfeld gefragt. Nicht erst seit dem beispiellosen Halbfinale ist klar: Das ganze Dorf Reihen giert nach dem Pokal. Nun liegt es an den Herren im schwarz-weißen Trikot, diesen Wunsch zu beschützen – und ihn über die Ziellinie zu tragen.
Personell gibt es neben dem Langzeitverletzten Ehler weitere Unsicherheiten. Die größte Baustelle: Bellanave – sein Einsatz steht auf der Kippe. Sollte es klappen, wird es laut Trainer Stumpf eine Punktlandung.
Besonders kurios: Nur drei Tage vor dem Finale treffen die beiden Teams bereits in der Liga im Karolus-Stadion aufeinander – ein Warm-Up der besonderen Art. Sportlich zwar eher zweitrangig, aber im Hinblick auf Taktik und Psychologie ein durchaus spannender Vorbote.
"Einsatz fraglich - ob es für Bellanave bis Mittwoch reicht steht noch in den Sternen"
Der Gegner: TSV Obergimpern
Im Kraichgau zählt der TSV zu den eindrucksvollsten Vereinsgeschichten der letzten zwei Jahrzehnte. Nach fast 100 Jahren in den Niederungen des Fußballs begann 2006 mit dem Aufstieg in die Kreisliga die goldene Ära: Drei Meisterschaften, der Landesliga-Klassenerhalt – ein Meilenstein – und ein Pokalsieg 2015.
Diese Ära wurde von vier Gesichtern geprägt: zweimal Lakos, Müller und Kipp. Doch inzwischen scheint die Sonne der goldenen Generation langsam zu dämmern. Die aktuelle Tabellensituation in der Kreisliga und das fortgeschrittene Alter der Leistungsträger – viele nur noch im Standby-Modus – sprechen eine klare Sprache. Umso mehr giert Obergimpern sicher nach dem Pokal – als Abschluss und Krönung einer erfolgreichen Zeit.
Im Halbfinale wurde der große Favorit Rohrbach mit einem beeindruckenden 4:0 aus dem eigenen Stadion gefegt. Kaum jemand hatte mit so einem Ergebnis gerechnet – schon gar nicht angesichts des Abstiegskampfs, in dem der TSV unter Trainer Jonas Bauer derzeit steckt. Aber Pokal ist Pokal – oft die Bühne, auf der emotionale Mannschaften über sich hinauswachsen.
Spielerisch ähnelt Obergimpern dem SV Reihen: körperlich präsent, diszipliniert und mit unbändigem Einsatz. Wenn dann auch noch die passende Grätsche kommt und der Fanblock zündet, wird aus dem TSV eine brandgefährliche Einheit – und alles andere als ein Außenseiter.
Faninfo:
Ohne zu übertreiben: Es könnte eines der größten Pokalfinals der letzten Jahre werden. Das letztjährige Endspiel im Karolus-Stadion hat mit 1300 Zuschauern eine hohe Messlatte gesetzt – aber alles deutet darauf hin, dass selbst diese Marke fallen könnte. Sollte das Wetter mitspielen, wären mehr als 1000 Fans im Biesigstadion keine Überraschung.
Die Fantrennung hat sich im Vorjahr bewährt – nicht aus Angst vor Randale, sondern weil sie zur Atmosphäre, dem Gemeinschaftsgefühl und dem Gesamtbild beiträgt.
Die schwarz-weiße Anhängerschaft wird sich auf der Clubhausseite – gleich links nach dem Eingang – versammeln. Und auch diesmal hat der organisierte Support einiges geplant. Es kann auf vielen Ebenen ein historischer Abend werden. Jeder ist eingeladen, sich zu beteiligen, die Mannschaft zu unterstützen – und den SV zu feiern wie noch nie. Weitere Informationen gibt es vor Ort.
"Choreobilder wird es wohl auch am Mittwoch im Biesigstadion in Waibstadt geben"