Juli 2022
Interview mit Georg Böhmann / Teil I
Das neue Trainerteam. Oliver Wörns, Christian Stumpf, Georg Böhmann, Sascha Fuhr.
Lieber Georg, vielen Dank, dass du dir auch in diesem Jahr Zeit nimmst für unser fast schon traditionelles Sommer-Interview.
K-B: Der SV Treschklingen wurde Meister der Kreisliga. Ist der SV in deiner Wahrnehmung ein verdienter Meister? Zusätzlich hättest du hier
die Möglichkeit deine Glückwünsche auszusprechen.
Georg: Die Mannschaft, die am Ende der Saison oben steht, hat das auch verdient. Ich denke nicht nur ich – sondern die komplette Liga gratuliert dem SV Treschklingen zum Aufstieg in die Landesliga und hofft natürlich auf den Klassenerhalt im kommenden Jahr.
K-B: In den vergangenen Jahren hat sich mit Treschklingen eine gewisse Rivalität entwickelt. Wie siehst du eine solche Gegnerschaft? Ist das gewünscht oder nervt es dich eher? Oder hat ein Trainer an solchen Spieltagen nicht sogar einen leichteren Job, weil die Jungs ohnehin heiß sind und von allein laufen?
Georg: Natürlich sind Rivalitäten gewünscht. Über solche Spiele wird schon Wochen vorher geredet, jeder ist heiß darauf und ich muss als Trainer nicht mehr viel sagen. Aber auch die größten Rivalitäten müssen im Fußball mit Anstand und Respekt verbunden sein – das ist leider nicht immer der Fall.
K-B: Lass uns über deine Mannschaft reden. Ganz konkret und ohne eine Bewertung von mir. Warum wurde der SV Reihen im vergangenen Jahr 7ter und nicht vielleicht sogar 6ter oder 5ter?
Georg: Über die ganze Saison gesehen hat uns einfach die Konstanz gefehlt. Wir haben gerade gegen Gegner aus dem unteren Tabellendrittel viel zu oft unsere Leistung nicht abgerufen. Es waren immer wieder Spiele dabei, bei denen wir durch falsche Einstellung Punkte verschenkt haben. Das Spiel beim Tabellenletzten Gemmingen war sinnbildlich dafür. Auf der anderen Seite haben wir den zwischenzeitlichen Tabellenführer Epfenbach mit 6-0 geschlagen. In diesen Phasen zeigte sich auch immer wieder was in der Truppe steckt. Wir sollten uns über keine anderen Dinge beschweren – in den meisten Spielen hatten wir ordentliche Mannschaften zusammen – oft auch in Bestbesetzung. Es war wie so oft beschrieben nicht selten reine Kopfsache.
K-B: Am Anfang der Saison war eine große Euphorie. Allerdings wurde schon gegen Mitte/Ende der Vorrunde klar, dass es wohl für ganz oben in der Tabelle nicht reichen wird. Es wurde zunehmend ein wenig träge. Gibt es Stellschrauben, die du im Nachhinein drehen könntest, um diese Entwicklung zu verändern?
"Das Eröffnungsspiel war eher hinderlich"
Georg: So schön bspw. das Eröffnungsspiel gegen Rohrbach war – im Nachhinein war es für den Saisonverlauf eher hinderlich. Es hat sich jeder schon Wochen vorher darauf gefreut, Bierwagen, viele Zuschauer, Flutlichtspiel, danach Party. Es hat sich eher wie ein abschließendes Finale angefühlt. An den nächsten Spielen kam dann schon der Leistungsknick nach unten. Wir konnten zwar noch ordentlich Punkten aber das Potential konnte nicht mehr abgerufen werden. Diese Inkonstanz zog sich danach durch die komplette Runde.
K-B: Gerade in unserer Liga muss ein Aufstieg nicht immer ein Segen sein. Viele Vereine brauchten Jahre, um sich von einer Saison Landesliga zu erholen. Ist daher immer die Tabelle der Gradmesser für eine erfolgreiche Runde, oder gibt es für dich andere Parameter?
Georg: Bei uns ist es nicht ausschließlich die Tabelle. Natürlich wollen wir erfolgreich Fußball spielen aber gerade in den unteren Ligen gibt es weitere Faktoren, die man sehen muss. Wie verhält sich eine Mannschaft auch neben dem Platz, wird Kameradschaft untereinander gelebt, aber auch wie gehen die Jungs mit einer Krise um. Wir hätten im vergangenen Jahr auch durchaus abrutschen können. Am Anfang der Rückrunde war der Abwärtstrend enorm. Durch etliche Gespräche miteinander konnte dieser gestoppt werden. Das Handling in diesen schweren Phasen hat uns in den letzten Jahren ausgezeichnet. Sicher ist aber auch die Entwicklung des kompletten Vereins in die Bewertung mit einzubeziehen. Man muss immer wieder neue Impulse setzen, um sich nicht gegenseitig abzuarbeiten. Auch das konnten wir in der Vergangenheit gut umsetzen.
K-B: Ein Trainer nennt öffentlich ungern Namen, wenn es um Lob oder Kritik geht. Die Gefahr Spieler zu enttäuschen ist dabei sehr groß. Aber dennoch, kannst du für die Runde 21/22 gesehen einen deiner Spieler herausheben? Und gibt es überhaupt in deiner Mannschaft im gesetzteren Alter noch Entwicklungspotential bei deinen Spielern?
Georg: Ich bin kein Freund davon Spieler herauszuheben – das werde ich auch nicht tun. Man muss einfach zugeben, dass gerade unsere älteren Spieler im letzten Jahr zu gewissen Phasen ein wenig lethargisch waren. Als wir dann aber mit dem Rücken zur Wand standen und personelle Probleme hatten, konnten wir wieder voll und ganz auf sie zählen. Das sind durchweg gute Charaktere, auf welche man sich in schwierigen Situationen verlassen kann. Wir müssen es schaffen, diesen Teamgeist und die Leistungsbereitschaft nicht erst in Krisen zu zeigen. Wenn wir diesen Spirit eine komplette Runde durchziehen können, spielen wir unseren besten und erfolgreichsten Fußball.
K-B: Zum Abschluss von unserem ersten Teil machen wir wieder unsere beliebte Fragerunde -diesmal Kreisliga Spezial - mit der Bitte um ganz kurze Antworten.
Welche Mannschaft war in der vergangenen Runde die Spielstärkste der Liga?
Georg: Der FC Zuzenhausen II
K-B: Welche Mannschaft war für die dich sympathischste?
Georg: Die SG Waibstadt
K-B: Welcher Verein hat das schönste Sportgelände?
Georg: Wieder Zuzenhausen
K-B: Wenn du selbst noch Spieler wärst, von welchem Trainer aus der Kreisliga würdest du dich am liebsten coachen lassen?
Georg: Michael Keitel
K-B: Georg, vielen Dank für den ersten Teil unseres Gesprächs – Teil II erscheint in den nächsten Tagen. Darin sprechen wir ausführlich über die Neuzugänge und den Ausblick auf die Saison 22/23.
Interview mit Georg Böhmann / Teil II
Im zweiten Teil vom großen Sommer-Interview mit Georg Böhmann spechen wir über die Neuzugänge, die neue Spielgemeinschaft der Reserve und warum Axel Weber sein Kapitän wäre.
K-B: In deinen vielen Jahren als Trainer beim SV hattest du oftmals die Aufgabe aus wenig - viel machen zu müssen. Durch die Neuzugänge mit durchweg hoher Qualität und dem breiten Kader ändern sich diese Vorzeichen und du musst aus viel – viel machen. Wie spiegelt sich dies in der Praxis wider?
Georg: Diese Umstellung ist nicht ganz einfach. Es macht aber natürlich viel mehr Spaß mit 22 Spielern zu trainieren, die alle für die erste Mannschaft in Frage kommen. Wir können andere Situationen trainieren und im Endeffekt auch härter durchgreifen. Gerade im Trainingsbetrieb hat das viele Vorteile. Die Schwierigkeiten kommen dann teilweise im Spielbetrieb. Es können nur 11 Spieler auflaufen und 4 auf der Bank Platz nehmen. Es werden sich Spieler in der Zweiten wieder finden oder überhaupt nicht im Kader sein. Es wird sicher spannend, wie alle mit dieser neuen Situation umgehen.
K-B: Die Transfertätigkeiten bei uns in diesem Sommer sind wieder einmal beeindruckend. Vielleicht kannst du uns kurz an manchem Prozess teilhaben lassen. Wurde bereits in der vergangenen ersten Pokalrunde entschieden Valentin Schmidt zu verpflichten.
Anmerkung: Schmidt schoss damals gegen des SV Reihen in der erste Halbzeit 3 Tore.
Georg: Jein – er hat natürlich damals nicht nur 3 Tore gegen uns geschossen, sondern mit seinem kompletten Auftreten, seinen Laufwegen und seinem Einsatz auf sich aufmerksam gemacht. Solche Spieler bleiben im Hinterkopf. Vieles geht natürlich über persönliche Kontakte und man muss auch dazu sagen, dass wir bestimmt mit über 30 Spielern im Gespräch waren. Was manche unserer Leute da leisten ist phantastisch – gerade Christoph Keil oder Lukas Hauck sind dabei immer mit vollem Engagement dabei. Das ist alles sehr zeitaufwendig. Die meisten Gespräche waren durchweg positiv. Gerade bei Valentin Schmidt ging dieses Gespräch sehr schnell und er war sofort überzeugt von uns. Bei anderen dauerte dieser Prozess über mehrere Wochen. Wenn man sieht, was wir in diesem Sommer dazu bekommen haben wurde einfach sehr gute Arbeit geleistet. Man darf im Umkehrschluss auch nicht vergessen, dass uns kein Spieler verlassen hat – was genauso die gute Arbeit des Vereins widerspiegelt.
K-B: Obländer ist eine Hausnummer im Fußballkreis, Weber hat im letzten Jahr 22 Buden geschossen, Ehler ein Landesliga-erfahrener Spieler, Schwartz und Lang sind hoffnungsvolle Talente, selbst mit Golenia hat man diesmal einen starken zweiten Torhüter verpflichten können. Wie bekommen wir diese Jungs in unser Trikot?
Georg: Wenn man viele Leute im Kreis Sinsheim frägt ist es das Geld. Jeder der den SV Reihen kennt – wir beide kennen ihn mit am besten – der weiß, dass in diese Richtung bei uns überhaupt nichts läuft. Nicht ein Spieler in unserem Kader bekommt auch nur einen Cent. Es wird aber auch immer weniger zum Thema bei unseren Gesprächen. Die Kameradschaft und der Zusammenhalt sprechen sich schon auch rum. Die meisten Jungs sagen zu, wenn sie einmal bei uns beim Training waren. Jeder erlebt, wie es nicht nur beim, sondern auch nach dem Training abläuft und ist schnell Feuer und Flamme für den SV. Das Klima im Verein ist schon ein großer Faktor. Man sieht ja auch wie viele Spieler nach einem Wechsel schnellstmöglich wieder zurückgekommen sind.
K-B: Wenn ich dir sage, dass meiner Meinung nach Marlon Schwartz ab Februar eine „Waffe“ in der Kreisliga wird. Würdest du mich dann einbremsen, um den Jungen auf dem Boden zu halten, oder darf man solche Jungs ruhig fliegen lassen?
Georg: Marlon Schwartz hat ohne Frage sehr großes Potential. Vielleicht muss man ihn aber auch in der ein oder anderen Situation bremsen. Man darf nicht vergessen, er kommt jetzt erst von der B-in die A-Jugend. Er hat fantastische Ansätze – Geschwindigkeit, Torriecher und schon ein gutes Zweikampfverhalten. Gegen gestandene Kreisliga-Verteidiger muss aber auch er sich erstmal durchsetzen. Da werden Gegner dabei sein die ihm richtig weh tun wollen. Wir sind aber froh, dass sich Marlon für uns entschieden hat, und werden ihn langsam an die ganze Sache ranführen. Er muss nicht sofort die Allzweckwaffe vom SV Reihen sein. Er kann das werden, aber da gehört noch jede Menge Arbeit dazu.
K-B: Nochmal zur Breite des zukünftigen Kaders. Mit weiteren Neuzugängen ist man dieses Jahr auch in der Quantität gut aufgestellt. Wie rettet man einen solchen Kader über die Runde und welchen Faktor hat die neue Spielgemeinschaft mit Steinsfurt in der Reserve?
Georg: Man sieht auch jetzt schon, wie dünn der Kader unter Umständen werden kann. Wir haben aktuell drei verletzte Spieler, Corona wird noch ein Faktor sein und zu Beginn der Vorrunde ist immer noch Urlaubszeit. Wenn Ende September alle fit und im Land sind, kann es aber auch in die andere Richtung Probleme geben die wir aber gewillt sind zu lösen. Die Spielgemeinschaft mit Steinsfurt war für die Vorstandschaft unumgänglich. Du kannst eine Reserve nur aufrecht halten mit einem Kader von 40 Spielern. Etliche Vereine haben dahingehend Probleme und suche Spielgemeinschaften. Auch Clubs von denen man es erstmal nicht denkt. Wir wollten mit diesem Thema nicht mehr länger warten. In der Jugendarbeit sind vereinsübergreifende Mannschaften mit Steinsfurt bereits gang und gebe – daher ist es der richtige Partner und macht absolut Sinn.
K-B: Kurze Nachfrage, wie gestaltet sich das im Trainings- und Spielbetrieb?
Georg: Im ersten Jahr der Partnerschaft ist Steinsfurt federführend. Der TSV stellt den Großteil der Spieler, daher findet der Trainingsbetrieb und die Organisation dort statt. Unsere Jungs können aber auch in Reihen trainieren, das ist überhaupt kein Problem. Gespielt wird in Steinsfurt – 3 bis 4 Spiele finden aber auch im Karolus Stadion statt.
K-B: Du hast in diesem Jahr einen ordentlichen Trainer-Stab zusammen. Mit Sascha Fuhr und Christian Stumpf zwei Co-Trainer und mit Oliver Wörns einen neuen Torwart-Trainer. Wie wichtig ist in diesem Bereich die Kommunikation untereinander und wie gestaltet sich die praktische Arbeit miteinander?
Georg: Die Kommunikation zwischen den Trainern ist enorm wichtig. Wir fungieren als Trainerteam. Die Torhüter sind schon jetzt schwer angetan von den Angeboten, die ihnen Oli bei den Einheiten macht. Mit meinem Team sprechen wir uns wöchentlich über die Inhalte ab. Jeder bringt seine Ideen ein und jeder hat auch das gleiche Recht seine Meinung zu sagen. Wir sind aber Typen, die voll und ganz aus einem Kanal sprechen und uns in den Grundzügen was Fußball angeht einig sind.
K-B: Wie immer kommen wir vor einer Saison nicht drumherum über Ziele zu sprechen. Ausgenommen die Meistermannschaft von 2015 war der 5te Platz in der Kreisliga deine bisher beste Platzierung. Dieses Ergebnis zu toppen, würdest du das als Ziel unterschreiben?
Georg: Meine Ziele sind in jeder Saison die gleichen. Egal welche Mannschaft ich habe, ich möchte aus der Runde das Maximum rausholen. Natürlich muss man diese Ziele manchmal im Laufe eines Spieljahrs korrigieren oder angleichen. Am Anfang hat jeder die gleichen Chancen und will so erfolgreich wie möglich sein. Klar, wollen wir daher oben dabei sein und auch im Pokal so weit wie möglich kommen.
K-B: Zu Abschluss nochmal eine kleine Fragerunde:
Adidas oder Puma
Georg: Adidas
K-B: Königsblau oder Schwartz-Weiß
Georg: Königsblau
K-B: Meisterschaft oder Pokal
Georg: Pokal
K-B: Und jetzt die alles entscheidende Frage – Du trainierst eine Mannschaft mit Oli Wörns im Tor, Axel Weber in der Abwehr und Uwe Karolus im Sturm. Wer ist dein Spielführer?
Georg: (lacht) das müsste Axel machen, das ist der Ruhigste in dieser Riege.
K-B: Lieber Georg, mal wieder vielen Dank für das interessante Gespräch und wie immer wünsche ich dir, deinen Trainerkollegen und deiner Mannschaft eine maximal erfolgreiche Saison.