01.04.2025

Vorhang auf!!! 

 

SV Torwarttrainer Oliver Wörns im K-B Exklusivinterview 

Bobby Charlton nannte Old Trafford in Manchester das „Theater of Dreams“ – das Theater der Träume. Jede Aufführung hat ihre Dramatik und ihre Spannung, und jedes Stück hat seine Charaktere und Rollen. Der Torhüter nimmt dabei unausweichlich immer eine Hauptrolle ein.

 

Oli kennt den Reiz, auf dem Spielfeld zum Helden werden zu können. Er mochte es, die wichtigste Person auf dem Platz zu sein. Die große Bühne, die wichtigen Spiele, wenn es knistert – das waren die Momente, in denen er sich in über drei Jahrzehnten am wohlsten fühlte. Es waren auch die Momente, in denen eine Eigenschaft gebraucht wird, die für einen Torwart seiner Meinung nach die wichtigste ist: Selbstvertrauen.

 

Heute ist er Torwarttrainer beim SV Reihen und steht mit seinen beiden Torhütern vor dem wichtigsten Spiel der Saison – dem Kreispokalhalbfinale gegen den FC Zuzenhausen II. Nicht weniger als der Verein, bei dem er zehn Jahre lang den Kasten hütete. Mehr als genug Gründe, sich mit dem Urgestein der Sinsheimer Torwartkunst genauer zu unterhalten.

 

Oli, Fangen wir mal mit der Aussage eines ehemaligen Torwarttrainer-Kollegen von dir an. Gerry Ehrmann sagte immer: „Gewinner zweifeln nicht, weil Zweifler nicht gewinnen.“ Ist da was dran?

 

Auf jeden Fall – ein Torwart lebt zu einem großen Teil von seinem Selbstvertrauen. Das war bei mir nicht anders. Ich bin in jedes Spiel mit der Einstellung gegangen, dass ich der Beste bin und mir niemand etwas anhaben kann. Klar gab es auch mal Tage, an denen das nicht so einfach war, aber meistens hat es funktioniert. Es geht darum, einen Fokus auf das Gewinnen zu legen, sei es im Training oder im Spiel.

 

Zweifelsohne haben Fehler von Torhütern meistens weitreichende Konsequenzen für das Spiel. Wie bist du mit diesem Druck umgegangen, der wichtigste Spieler auf dem Feld zu sein?

 

Torhüter ist eine außergewöhnliche Position im Fußball. Oftmals spielen sie ein Stück weit für sich selbst. Mir war es immer wichtig, den ersten Ball zu halten, und dann kam das nötige Selbstvertrauen von ganz alleine. Und auch wenn du mal danebengreifst, dann gilt es, weiterzumachen und das Bestmögliche herauszuholen. Natürlich haben mich Fehler kurzzeitig enorm geärgert, aber ich habe meinen Blick immer wieder auf die nächste Situation und das nächste Training gerichtet.

 

Dann ist die Motivation dahinter eher die Lust, der Held zu werden, als die Angst, der Depp zu sein?

 

Es ist die Lust, der Beste sein zu können. Um mich zu motivieren, habe ich immer versucht, viel zu kommunizieren. Auch das Zusammenspiel mit den Zuschauern hat mich gepusht. Die große Bühne, wenn die gegnerischen Fans sich an dir abarbeiten – das waren die geilsten Momente.

 

Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Eigenschaften, die ein erfolgreicher Torhüter haben muss?

 

Das Wichtigste ist einfach das Selbstvertrauen. Körpergröße kann man bis zu einem Punkt mit Sprungkraft ausgleichen. Du brauchst aber Schnelligkeit und Reaktionsvermögen. Das findet vor allem im Kopf statt. Ein gutes Spiel mit dem Ball am Fuß ist wichtig. Ein gutes Auge ist nötig, um die Flanken abfangen zu können. Es sind ziemlich viele Dinge, die ausgeprägt sein müssen, um ein guter Torhüter zu sein. Es gehört Talent, aber auch jede Menge Arbeit dazu.

"Oftmals spielen Torhüter auch ein Stück weit für sich selbst" Mit Florian Golenia arbeitete Wörns schon beim TSV Steinsfurt zusammen.

Oli Wörns hat seine komplette Jugendzeit beim SV Reihen verbracht. Defensiv-Legende Johannes Engel war einer der ersten Trainer. Heinz Böhmann hat ihn teilweise trainiert. Für ihn war von frühester Kindheit an klar, dass er der Mann im Tor sein möchte. Kein Zufall, dass der bekennende Eintracht Braunschweig-Fan von Bernd Franke dazu inspiriert wurde: „Ich wollte so sein wie er – ein unfassbar starker Torhüter.“

Braunschweiger Torwart Legende Bernd Franke 

Der Sprung in die Seniorenmannschaft gelang erst nach zwei Jahren Reservemannschaft. Martin Kolb hatte als gestandener Bezirksliga-Torhüter die Nase noch vorne. Um Spielpraxis zu sammeln, folgte 1989 der Wechsel nach Gemmingen. In einer starken Truppe, die gerade in die A-Klasse aufgestiegen war, konnte er mit durchweg guter Leistung auf sich aufmerksam machen. Eigentlich fühlte er sich dort wohl – Vater Bernd wurde jedoch Spielausschussvorsitzender beim SV Reihen und verpflichtete den Sohnemann quasi über den kurzen Dienstweg wieder zurück. Als Stammtorhüter unter Trainer Willi Scherz mischte eine bärenstarke Truppe die Bezirksliga Sinsheim auf.

 

Oli, im Zusammenhang mit deiner ersten Zeit beim SV Reihen und deinem Abschied fiel immer wieder der Name Ralf Viertmann. Wie war die Situation damals?

 

Ralf Viertmann kam mit dem neuen Trainer Peter Hillenbrand. Natürlich war das ein guter Torhüter, aber ich war damals wirklich unfassbar gut drauf und besser als er. Zusätzlich konnte Viertmann aus beruflichen Gründen kaum trainieren, stand aber Sonntag für Sonntag im Tor. Ich bin dann für ein Jahr nach Sinsheim und danach zum FV Elsenz gewechselt. Highlight war damals das Pokalfinale gegen Epfenbach im Prof. Karolus Stadion, das wir leider mit 1:0 verloren haben. Danach folgten sieben schöne Jahre in Zuzenhausen, ein kurzes Zwischenspiel beim SV Reihen und 18 Jahre TSV Steinsfurt, bis es vor drei Jahren wieder nach Hause ging.

Der damalige Schrecken der Bezirksliga Sinsheim. Oliver Wörns - 2ter von links.

Waren deine Wechsel im Nachgang die richtige Entscheidung?

 

Ich habe das Gefühl, in den Momenten die richtige Wahl getroffen zu haben. Der Wechsel 2003 aus der Landesliga zurück zum SV Reihen in die B-Klasse war jedoch ein Fehler. Ich habe den Rückschritt in die unterste Liga komplett unterschätzt. Wir hatten wirklich katastrophale Zustände. Die meiste Zeit war es das Wichtigste, 11 Männer zusammenzubekommen, um überhaupt spielen zu können. Zugegeben, ich hatte auch nicht meine beste Phase. Es war einfach nicht die richtige Zeit für diesen Schritt, und ich bin nach einem halben Jahr wieder gegangen. Dafür war die Rückkehr jetzt umso schöner.

 

Es steht das zu diesem Zeitpunkt wichtigste Spiel der Saison, vielleicht sogar der vergangenen Jahre, an. Das Halbfinale gegen den FC Zuzenhausen II. Entscheidet sich am Abend des 17. Aprils, ob es eine gute oder eher durchschnittliche Saison war?

 

Wenn wir dieses Spiel gewinnen, wird man sich lange daran erinnern. Es ist 25 Jahre her, dass wir zum letzten Mal im Endspiel standen. Die Saison läuft durchschnittlich. Um sie außergewöhnlich zu machen, müssen wir ins Finale einziehen. Wir wollen einfach in dieses Endspiel. Wir wollen die Kulisse haben, die große Bühne, die jeder Fußballer haben will.

 

Von der B-Klasse bis in die Bundesliga sind diese Entscheidungsspiele einfach das gewisse Etwas.

 

Gibt es ein paar letzte Worte, die du deinen Torhütern als Trainer vor so einem Spiel mit auf den Weg gibst?

 

Ich kann den Jungs als letzte Worte immer nur viel Glück wünschen. Das ist als Torhüter eben auch nicht unwichtig. Ansonsten gibt es noch ein paar praktische Tipps, an die sie denken sollten. Viel wird aber nicht mehr geredet. Die Jungs sind dann im Tunnel, und so muss das auch sein. In den Arm nehmen und ein gutes Spiel wünschen, das muss ausreichen.

 

Es ist kein Geheimnis, dass der FC Zuzenhausen dem SV Reihen spielerisch weit überlegen ist. Was muss passieren, um an diesem Tag den großen Favoriten ärgern zu können?

 

Wenn wir unsere beste Leistung abrufen, sind wir ebenbürtig. Wir müssen zweikampfstark und nah an den Gegenspielern dran sein. Zuzenhausen II hat eine junge Mannschaft, und mit unserer Wettkampfhärte müssen sie auch erst einmal klarkommen. Wir haben ein Heimspiel, das gut besucht sein wird. Das wird uns nach vorne treiben. Die Jungs sind heiß darauf, und wir glauben alle an unsere Chance.

 

Zum Abschluss noch ein paar Schnellfragen:

 

Der beste Torhüter, der jemals im Reihen-Trikot auflief? 

Heinz Böhmann

 

Und der beste aller Zeiten? 

Bernd Franke

 

Dein Lieblingssportplatz? 

Zuzenhausen

 

Reusch oder Adidas? 

Adidas

 

Du musst aus Gründen selbst ins Tor im Pokalhalbfinale. Warum parierst du den entscheidenden Elfmeter in der Nachspielzeit? 

Weil ich einfach gut bin!!!

Oliver Wörns in seiner unnachahmlichen Art. Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Der K-B sagt danke für das Gespräch.

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